Durch das Wirrwarr der Hundeliteratur

Viele Kunden interessieren sich nicht nur in der Praxis für Hunde. Sie möchten sich auch theoretisch mehr mit ihnen beschäftigen, sich Grundlagen aneignen, sich in ein spezielles Thema einarbeiten oder neue Impulse bekommen. Hierbei wird oft zu Büchern gegriffen. Ich selbst besitze eine riesige Anzahl an Fachbüchern, berufsbedingt, aber auch, weil mich alles rund um den Hund fasziniert. Meine Liste an Büchern, die ich gerne lesen möchte, ist lang und nimmt eher zu als ab.

 

Doch wie findet man überhaupt „gute“ Hundeliteratur?

Zuerst sollten Sie sich fragen, welcher Hundetyp Sie sind. Menschen mit der Einstellung „Der Hund muss funktionieren – egal wie“ werden mit anderen Büchern glücklich als die, die sagen „Mein Hund und ich sollen gemeinsam und entspannt durch’s Leben gehen.“ Zusätzlich sollten Sie wissen, was Sie mit dem Buch bezwecken möchten. Geht es Ihnen um die neuesten Erkenntnisse aus der Kynologie, möchten Sie mehr zur Körpersprache erfahren oder haben Sie ein konkretes Problem, das Sie beschäftigt?

Neben den persönlichen Präferenzen, gibt es die folgenden Punkte, die Sie vor dem Buchkauf bedenken sollten:

 

1. Der Verlag

Es gibt Verlage, die sich auf den Hund oder Haustiere allgemein spezialisiert haben und solche, die lediglich eine Sparte „Hund“ haben. Zu den Spezialisten zählen u.a. der Kynos Verlag und der Animal Learn Verlag, aber auch Kosmos, Ulmer, Cadmos und GU haben eine große Auswahl, nur um ein paar zu nennen.

Wenn Sie bei einem dieser Verlage ein Buch erwerben, können Sie grundsätzlich davon ausgehen, dass es durch mehrere Personen geprüft wurde und tierschutzrechtliche Aspekte berücksichtigt wurden. Ich schreibe bewusst „grundsätzlich“, denn ich habe auch hier schon die ein oder andere mehr als grenzwertige Passage gelesen.


Äußerste Vorsicht sollten Sie allerdings bei Büchern walten lassen, die via Self-Publishing veröffentlicht wurden. Hier wird das Buch durch den Autor selbst verlegt, teilweise ohne Lektorat und kritische Prüfung durch andere Experten. Auch wenn diese Art von Büchern professionell aussehen, KÖNNEN diese Falschinformationen und tierschutzrelevante Praktiken enthalten. Merken Sie sich: nur, weil etwas in einem Buch steht, ist es nicht zwangsläufig wahr. Ich habe schon selbst verlegte Bücher gelesen, bei denen es mich geschüttelt hat. Verstehen Sie mich nicht falsch, es gibt ganz wunderbare Bücher, die z.B. über Books on Demand veröffentlicht wurden. Doch ein kritischer Blick schadet nie.

 

2. Der Autor

Auch hier gilt: schauen Sie sich den Autor genau an. Wenn mir der Name des Autors nichts sagt, dann werfe ich vor dem Buchkauf zuerst einen Blick auf die Homepage. Ganz wichtig sind für mich: die Qualifikation, bei welchen Fachleuten Seminare besucht wurden und die Einordnung des Autors. In der Hundeszene gibt es verschiedene „Lager“. Wenn ich z.B. lese, dass der Autor Seminare bei Cesar Milan besucht hat, dann erwarte ich ein anderes Buch, als wenn dieser Referenzen von Ádám Miklósi vorweisen kann, einem renommierten Verhaltensbiologen, der sich auf Haushunde spezialisiert hat.

Falls der Autor Artikel schreibt, Youtube Videos veröffentlicht oder Interviews gibt: gerne reinschauen und dann entscheiden, ob Sie sich von der Art und dem Umgang mit Hunden angesprochen fühlen. Ganz wichtig: lassen Sie sich nicht von schönem Blabla täuschen. Wenn Trainingssequenzen gezeigt werden, dann achten Sie genau auf das, was der Hund anzeigt. Das verrät oft mehr, als das Gesagte des Menschen.

 

3. Der Titel

Ich tue mich schwer mit Titeln, die in etwa so lauten:

„In 4 Wochen zum perfekten Hund“

„Mit der XY-Methode in nur 3 Schritten zum gehorsamen Hund“

„Jeder Hund kann lernen, gehorsam/brav/leinenführig/abrufbar zu sein“

„Hundewissen 3.0 – alles in einem Buch“


Was ist perfekt? Wie definiert man gehorsam oder brav? 4 Wochen – ernsthaft? Jeder Hund – wirklich? Wie kann in EINEM Buch alles über Hunde stehen?

Mir ist das zu schwammig und erweckt den Eindruck, jeder Hund ließe sich in eine Form pressen und käme danach als perfekter/braver/leinenführiger (suchen Sie sich etwas aus) Hund heraus, solange Sie nur dieses Buch kaufen.

Das ist faktisch falsch. Es gibt nicht DIE EINE Methode, um alle Hunde dieser Welt zu trainieren. Daher würde ich grundsätzlich nicht zu solchen Büchern greifen sondern mir Titel aussuchen, die konkret ein Themengebiet behandeln. Zum Beispiel: Trennungsstress bei Hunden, Denk- und Suchspiele, Straßenhunde, der Hund aus dem Tierschutz, Leinenführigkeit, Rückruf, Aggressionsverhalten, etc.

 

4. Layout/Fotos

Hier achte ich darauf, ob mich das Layout anspricht. Wie sind die Hunde dargestellt? Wenn auf dem Titel schon ein Hund mit Kettenhalsband abgebildet ist, der „gehorsam“ im „sitz“ zu seinem Menschen hochschaut und diesen „anhimmelt“, hat sich das Buch für mich erledigt. Ich mag Fotos, die Hunde in entspannten Positionen zeigen oder in denen realistische Alltagssituationen dargestellt werden.

 

Auch hier gilt: ein ansprechendes Layout und schöne Fotos garantieren nicht, dass das Buch etwas für Sie ist. Ein gutes Bauchgefühl sollte dennoch dabei sein.

 

5. Rezensionen

Jaja, die Bewertungen. Ich gebe zu, bei (fast) jedem Produkt, das ich kaufe (sei es die Waschmaschine oder Faschingsschminke), schaue ich mir vorher die Rezensionen an. Dagegen ist auch nichts einzuwenden. Allerdings habe ich bei einigen Büchern schon viele positive Bewertungen gelesen, nur um am Ende festzustellen, dass das Buch nichts für mich ist. Beim nochmaligen Lesen der Bewertungen fielen mir eine Handvoll Kommentare auf, die es genauso sahen wie ich. 

Auch bei Youtube-Videos mache ich immer wieder diese Erfahrung. Ich sehe Videos, in denen Hunde gequält werden, ihnen Schmerzen zugefügt werden und sie aufjaulen und dann schaue ich mir die Kommentare an. Millionen (!!!) Leute haben diese Videos schon angeclickt und es finden sich tausende Kommentare darunter, in denen 95% schreiben, wie super diese Methode ist, wie gut sie auch bei ihrem Hund funktioniert, usw. Hier frage ich mich: haben die Leute keine Augen im Kopf oder ist ihnen jedes Mittel recht, so lange der Hund nur das macht, was sie wollen?

Daher meine dringende Empfehlung: lesen Sie sich die Bewertungen durch (die positiven wie die negativen), doch diese sollten nicht der ausschlaggebende Grund für den Kauf des Buches sein. Nur, weil ICH ein Buch als positiv und hilfreich einstufe, heißt das nicht, dass SIE es auch so sehen. 

 

Fazit

Bücher sind toll! Sie haben mir schon vieles nähergebracht, mir Anleitung gegeben und mich tiefer in die faszinierende Welt der Hunde geführt. Es gibt unglaublich viele lehrreiche, inspirierende und interessante Bücher. Die Schwierigkeit ist nur, die passenden für sich zu finden – und die Zeit, diese auch zu lesen.


Kommen wir zu meinen letzten Empfehlungen für heute:

Es muss nicht immer der Buchkauf sein. Leihen Sie sich von Freunden und Bekannten (oder Ihrer Hundetrainerin 😉 ) Bücher aus und machen Sie sich ein eigenes Bild. Gehen Sie in die Stadtbücherei oder an einen öffentlichen Bücherschrank und lassen sich überraschen. Auch für EBook-Freunde gibt es kostenlose Leihoptionen oder monatliche Abos, um zu stöbern und zu testen. So habe ich schon die ein oder andere Perle entdeckt.

Und ganz wichtig (da mir das auch passiert): Ihr Hund wird nicht leinenführig, abrufbar oder kann ab sofort super alleinbleiben, nur weil Sie das passende Buch im Schrank stehen haben.
Das Entscheidende ist, die Empfehlungen und das Training umzusetzen – und zwar jeden Tag, Woche für Woche. Das Buch kann Ihnen nur Hilfestellung geben, umsetzen müssen Sie es.

 

Viel Spaß beim Bücher entdecken!