Die Box

Nein, in diesem Beitrag soll es nicht um eine Geschenkbox zu Weihnachten gehen, sondern um die Hundebox, die sich großer Beliebtheit erfreut. Der Zimmerkäfig (für mich der passendere Begriff) wird regelmäßig empfohlen, um bei einem Welpen die Stubenreinheit zu trainieren, das Haus und ihn  „vor sich selbst zu schützen“, wenn er seine wilde Phase hat oder die Menschen ihn alleinlassen wollen, er es aber noch nicht kann. Vor allem nachts soll der kleine Welpe in die Box gesperrt werden, so kann schon kein "Unglück" in der Wohnung passieren.

 

Was ich davon halte, einen Welpen, der gerade seine Mutter, seine Geschwister und sein komplettes Umfeld verloren hat in einen Käfig zu sperren? Der sich nun bei fremden Leuten in einem fremden Haus befindet und keine Ahnung hat, wie ihm geschieht. Der noch nie ohne Körperkontakt zu seiner Familie geschlafen hat, aber nun alleine am Besten noch in einem anderen Raum übernachten soll. Schließlich sind Hundehaare im Schlafzimmer nicht erwünscht und die Couch für den Rücken zu unbequem.

 

Nichts halte ich davon! Absolut gar nichts!

 

Doch bleiben wir rational (soweit es mir bei diesem Thema möglich ist).
Was genau ist negativ an den Zimmerkäfigen?

  1. Hunde haben ein anderes Temperaturempfinden als Menschen. In dem Moment, in dem Sie Ihren Hund in eine Box sperren, hat dieser nicht die Möglichkeit sich einen Liegeplatz auszusuchen, der am besten zu seiner Wohlfühltemperatur passt. Manchen Hunden ist es in der Wohnung zu warm. Diese suchen sich gerne die kühlen Fliesen aus oder legen sich bewusst an die Haustür, durch die es etwas zieht. Andere Hunde mögen es kuschelig und legen sich in ihr Körbchen oder auf die Couch oder in das Bett. Diese Möglichkeit wird dem Hund genommen und er muss die ganze Nacht an einem Ort verbringen, an dem es ihm vielleicht zu warm oder zu kalt ist.
  2. Gerade Welpen benötigen viel Nähe und Körperkontakt. Sie kennen es nicht, alleine an einem Ort zu schlafen und es ist schlichtweg unnatürlich für einen so jungen Hund. Ein Straßenhundwelpe wäre ohne seine Mutter und Geschwister verloren. Einem frisch in Ihr Zuhause eingezogenen Welpen für die ganze Nacht die Möglichkeit zu nehmen Kontakt zu Ihnen aufzunehmen ist grausam.
  3. Hunde sind anders als Menschen Mehrphasenschläfer. Menschen schlafen in der Regel einmal am Tag und das ungefähr 8 Stunden. Hunde hingegen schlafen wie der Name schon sagt mehrmals am Tag, nicht so tief wie wir und auch nicht über einen so langen Zeitraum. Viele Hunde ruhen für 2 bis 3 Stunden, stehen auf, bewegen sich, trinken und suchen sich schließlich einen neuen Platz. Diese Möglichkeit wird dem Hund genommen, wenn man ihn einsperrt. Er ist gezwungen, so lange in der Box zu bleiben bis der Mensch ihn rauslässt.
  4. Hunde sind reinliche Tiere. Auch Welpen, die noch nicht stubenrein sind, vermeiden es tunlichst ihren Liegeplatz zu beschmutzen. Daher ist die Methode mit der Box so erfolgsversprechend. Ein Welpe, der sich lösen muss und in eine Box eingesperrt ist, wird sich früher oder später bemerkbar machen. Je nach Persönlichkeit des Hundes kann es sein, dass er allerdings sehr lange aushält bis er schließlich anfängt zu fiepen oder zu bellen. Schlafen die Menschen aber so tief und fest (und in einem anderen Raum), dass sie den verzweifelten Welpen nicht hören, kann es sein, dass dieser sich in seiner Not dennoch auf seinem Schlafplatz löst, der dann bis zum Morgen verunreinigt ist. Dass man ein Baby einer anderen Art in eine solche Notlage bringt, halte ich nicht nur für mehr als bedenklich sondern schlichtweg für Quälerei.
  5. In den meisten Fällen, die ich mitbekommen habe, wurde dem Hund nicht beigebracht, dass die Box ein schöner und angenehmer Ort ist. Stattdessen wurde er einfach in die Box gesperrt und diese verschlossen. Die Aussage, dass der Hund gerne in die Box geht, würde ich anzweifeln. In den meisten Fällen wird der Hund irgendwann aufhören zu fiepen oder zu jaulen, weil er resigniert und sich in sein Schicksal ergibt. Doch nur weil ein Hund still in seiner Box liegt und „keinen Ärger macht“, heißt es nicht, dass es schön für ihn ist.

 

Ich hoffe natürlich, dass Ihnen die oben genannten Punkte ausreichen, um von einer derartigen Verwendung des Zimmerkäfigs abzusehen. Dennoch wird es sicherlich den ein oder anderen Leser geben, der sich denkt:

„Ach, die Hundetrainerin wieder! Dramatisiert alles. Ist doch halb so schlimm.“

 

Liebe "Da-muss-er-durch"-Verfechter,

hiermit möchte ich auf das Tierschutzgesetz verweisen und Auszüge aus dem Artikel "Verwendung von verschließbaren Hundeboxen im Alltag" der Bundestierärztekammer von 2022 zitieren:

 

„Nach § 2 des deutschen Tierschutzgesetzes (...) müssen Tiere in menschlicher Obhut „verhaltensgerecht“ untergebracht werden. Konkrete Anforderungen sind in der Tierschutz-Hundeverordnung (TierSchHuV) formuliert. Demnach müssen Zwinger und Räume, in denen Hunde gehalten werden und die nicht dem menschlichen Aufenthalt dienen, eine uneingeschränkt nutzbare Bodenfläche von mindestens 6 bis 10 m² (je nach Schulterhöhe des Hundes) aufweisen (§§ 5 und 6 TierSchHuV). (…) Transportboxen, die die Anforderungen nicht erfüllen sind zur Haltung von Hunden ungeeignet."“

 

Klar, jeder Züchter empfiehlt den Welpenkäufern einen Zimmerkäfig von mindestens 6 m² Bodenfläche. Macht sich sicherlich schön im Wohnzimmer.

 

„Nach Einschätzung der Expertengruppe (...), der verschiedene Verhaltens- und Rechtsexpertinnen aus Deutschland und Österreich angehörten, darf die Einschränkung der Mindestanforderung durch das Verwahren in Box oder Zimmerkäfig maximal 30 Minuten andauern.“

 

Was? Nur 30 Minuten! Aber der Züchter hat doch gesagt, die ganze Nacht wäre überhaupt kein Problem.

 

"Weiterhin ist zu beachten, dass (...) Situationen, bei denen Hunde ohne vorheriges Gewöhnungstraining und Tiere mit Trennungsangst ohne Verhaltenstherapie in einer Box gesperrt und alleingelassen werden, einen Verstoß gegen § 1 bzw. § 17 oder § 18 TierSchG darstellen können, da dem Hund ohne vernünftigen Grund (erhebliche) Leiden zugefügt werden. “

 

Das ist jetzt schon irgendwie doof. Das Training hatte man sich schließlich sparen wollen.

 

Hier der Artikel in voller Länge und sehr zu empfehlen:

https://www.bundestieraerztekammer.de/btk/dtbl/archiv/2022/artikel/DTBl_03_2022_Hundeboxen.pdf

 

Auch wenn die vorangegangenen Zeilen den Anschein erwecken, dass ich Hundeboxen verteufele und niemals empfehle, so ist dies nicht korrekt. Eine Hundebox kann sehr hilfreich. Hier meine Nutzungsempfehlungen:

  1. Wenn der Hund während der Autofahrt in einer Box untergebracht sein soll, ist es sinnvoll diese ins Haus zu holen, um mit dem Hund zu üben.
  2. Viele Hunde lieben Höhlen. Eine (geöffnete!) Hundebox, die bequem eingerichtet ist, kann dem Hund als Rückzugs- und Entspannungsort dienen (u.a. wenn Kinder im Haus leben oder Besuch kommt).
  3. Wenn richtig aufgebaut und trainiert, kann die Box helfen, aufgedrehte Welpen zur Ruhe zu bringen, indem sie für ein kurzes Zeitfenster räumlich begrenzt werden.
  4. Beim Kommen und Gehen von Besuch kann die Box als Hilfsmittel eingesetzt werden, um hektisches An- und Hochspringen zu vermeiden. Behutsames Training vorausgesetzt!

Mein Fazit:
Jedes Hilfsmittel ist nur so gut, wie derjenige, der es einsetzt. Das gilt auch für die Hundebox. Ja, sie kann schnelle Lösungen liefern – auf Kosten des Hundes, gegen das Gesetz und gegen jegliches empathische Empfinden. Richtig eingesetzt hingegen kann sie ein gutes Hilfsmittel sein im Zusammenleben mit dem Hund. Gerade Hundehaltern mit anspruchsvollen Vierbeinern kann sie gute Dienste leisten.

 

Dennoch rate ich Ihnen: greifen Sie vorerst lieber zur Geschenkbox und lassen Sie sie sich das mit dem Zimmerkäfig in Ruhe durch den Kopf gehen. Zu Risiken und Nebenwirkungen fragen Sie Ihre Hundetrainerin.

 

Frohe Weihnachten!

 

 

 

 

 

 

 

 

 




"Amy, was hältst du von einer Hundebox?"

"Ne du, lass mal."